Serie Pflanzen in der Bibel

 

Der Aloebaum und die Aloe Pflanze
(Aquilaria agallocha & Aloe vera)

 

Die in der Bibel erwähnte Aloe wird heute mit zwei unterschiedlichen Pflanzen identifiziert. Einmal den Aloebaum, der im Deutschen als Adlerbaum (Aquilaria agallocha) bekannt ist, und im Alten Testament erwähnt wird. Und weiterhin die im Neuen Testament vorkommende griechische, aus dem südwestlichen Arabien stammtende, Aloe Pflanze, die griechisch aloē (Aloe vera) genannt wird.

 

Der Aloebaum ist mit über 20 Arten in Ostafrika und Nordindien beheimatet. Er kann bis zu 36 Meter groß werden, bildet Büschel von Blüten mit farbiger Fruchthülle, und hat eine Frucht mit einer zweiteiligen Kapsel. In der Bibel geht es aber nicht um die Frucht des Baumes, sondern um die Rinde; sie wird als Räuchermittel benutzt. Das besondere ist, dass die Rinde nur als Räuchermittel eingesetzt werden kann wenn der Baum von einer Pilzerkrankung befallen wird. Dies lässt ihn ein Harz aussondern, das das ansonsten weiche, leichte Holz zu einem harten, aromatisch duftenden Holz werden lässt.

 

Die Aloe Pflanze hingegen ist eine stämmige, büschelige Pflanze. Sie hat dicke, schwertähnliche Blätter, die an den Rändern dornig gezähnt sind. Inmitten dieser Büschel wachsen bis zu 60cm lange Blütenstängel, die orangefarbige Blüten tragen. Das Öl, gewonnen aus den fleischigen Blättern, ist ein wohlriechendes, aber bitteres. Es ist Grundlage für die Arzneidroge Aloin, dass schon in biblischer Zeit als Abführmittel dient. Eine andere Verwendung findet das Öl bei der Einbalsamieren von Toten, besonders im Alten Ägypten. In seiner Form einer eingedampfte festen Masse ist es ein begehrtes Handelsgut zu dieser Zeit.

 

Durch den Fernhandel in der Antike, der vom Atlantik bis nach Indien und Südostasien betrieben wurde, gelangten viele neue Pflanzen in den palästinischen Kulturkreis. Oftmals blieben auch ihre Namen erhalten. So ist das hebräische ǎhālîm (das Aloeholz) ein Lehnwort, das seinen Ursprung in Südostasien hat. In den romanischen Sprachen lassen sich in Aussprache, Schreibweise und Flexion diese Ursprünge noch nachweisen, während es in den germanischen Sprachen zu einer Wandlung kommt. Zum Vergleich: das portugisische Wort aguila, und das französischen bois d’aigle, mit dem englischen eagle-wood und dem deutschen Adlerholz.

 

Beispiele aus der Bibel

 

Schon gleich zu Beginn der heiligen Schrift sehen wir das die Israeliten Aloebäume gekannt haben. So lassen sie den Propheten Bileam in Numeri berichten das JHWH selbst die Natur in heiligen Land, die Bileam in seiner Vision sieht, gepflanzt hat. Darunter befindet sich auch der Aloebaum.

 

6 Wie Bachtäler ziehen sie sich hin, wie Gärten am Strom, wie Aloebäume, die der HERR gepflanzt hat, wie Zedern am Wasser.

 

4. Mose 24,6

 
 

Im Psalm 45, der als einziges Beispiel für profane Lyrik im Psalter ist, wird von einem Hofsänger anlässlich der Hochzeit des Königs gedichtet und gesungen. Hier sehen wir, dass eines der edelsten Düfte, neben Myrrhe und Kassia, das Räucherwerk aus der Rinde des Aloebaumes ist, und so eines Königs würdig.

 

9 Von Myrrhe und Aloe, von Kassia duften alle deine Gewänder, aus Elfenbeinpalästen erfreut dich das Saitenspiel.

 

Psalter 45,9

 
 

Düfte werden in der Bibel nicht nur als edel und erhaben angesehen, sie haben auch einen anderen Zweck. Das Element der Erotik und Verführung wird hier oft durch den Duft von Gewürzen und Räucherwerk impliziert. Diese erotisierende Düfte, die die "Fremde Frau" in den Sprüchen einsetzt um den Mann die Sinne zu vernebeln versinnbildlichen die erotische Gefahr, die in der Warnung des Vaters an den Sohn steckt. Die Frau setzt hier wieder, wie schon im Zitat aus dem Psalter, Myrrhe, Zimt und auch Aloe ein.

 

17 Mein Bett habe ich besprengt mit Myrrhe, Aloe und Zimt.

 

Sprüche 7,17

 
 

Im Hohelied 4, beschreibt ein Bräutigam seine Braut. Herin werden die edlen Gewürze (Narde, Safran, Gewürzrohr und Zimt) und die erotisierenden Räucherwaren (Weihrauchhölzern, Myrrhe und Aloe) als Metapher für seine Braut gebraucht. Der Körper der Frau wird somit mit den Eigenschaften edel und erotisch ausgestattet.

 

13 Aus dir gehen hervor ein Hain von Granatbäumen mit köstlichen Früchten, Hennasträucher samt Nardenkräutern,
14 Narde und Safran, Gewürzrohr und Zimt samt allen Weihrauchhölzern, Myrrhe und Aloe samt allen besten Balsamsträuchern,
15 ein Gartenquell, ein Brunnen lebendigen Wassers, Bäche vom Libanon.

 

Hohelied 4,13-15

 
 

Während im Alten Testament exklusiv über die Rinde des Baumes als Räucherwerk geschrieben wird, lesen wir erst im Neuen Testament über das Öl aus der Aloe Pflanze. Das Räucherwerk verschwindet hier komplett und macht den Gebrauch der Pflanze platz; nämlich als eine Zutat im Öl zur Einbalsamierung.

 

Die Toteneinbalsamierung hat, anders als bei den Ägyptern, nicht den Zweck den Leichnam dauerhaft zu konservieren, sondern ist unter rein praktischen Gesichtspunkten zu sehen. Fäulnis und Verwesung werden durch die Verwendung eines speziellen Ölgemisches zum Zweck der Einbalsamierung deutlich verlangsamt. Dies war mitunter notwendig, da Leichnahme öffentlich ausgestellt wurden oder für einen länger dauernden Transport präpariert wurden. Bedenkt man die herrschenden Temperaturen in Palestina, war dies auch notwendig. Warum allerdings Nikodemus, als er das Gemisch herbeischaffte, um den Leib Jesu nach der Kreuzigung zu präparieren, die ausergewöhnliche Menge von 100 Pfund nimmt, bleibt wohl sein Geheimnis.

 

38 Josef von Arimatäa, der ein Jünger Jesu war - ein heimlicher zwar aus Furcht vor den Juden -, bat Pilatus, dass er den Leib Jesu herabnehmen dürfe; und Pilatus erlaubte es. Also ging er und nahm seinen Leib herab. 39 Es kam auch Nikodemus, der früher einmal nachts zu ihm gekommen war, und brachte eine Mischung aus Myrrhe und Aloe mit, etwa hundert Pfund. 40 Sie nahmen nun den Leib Jesu und wickelten ihn zusammen mit den wohlriechenden Salben in Leinenbinden ein, wie es bei einem jüdischen Begräbnis Sitte ist.

 

Johannes 19, 38-40