Serie Pflanzen in der Bibel
Der Holzapfel (Malus sylvestris)
Der Holzapfel (Malus sylvestris), den man auch als Europäischer Wildapfel oder Krabapfel bezeichnet, ist eine Laubbaum-Art aus der Gattung der Äpfel (Malus) in der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Der sommergrüne Baum, der Wuchshöhen von bis zu 10m erreicht, ist jedoch meist als Strauchgewächs mit einer Höhe von 3-5m anzutreffen. Der Kulturapfel, den wir in diesen Breite kennen ist Stammform des Holzapfels.
Es ist wahrscheinlich, dass der Apfel etwa 4000 v. Chr. von Iran und Armenien aus nach Israel kam. Der Apfelbaum kann eine Höhe von 8-12 m erreichen, bildet weiße Blüten aus, die in Büscheln zusammenstehen. Die Frucht, der Apfel, ist eine 3-6 cm große und hat eine rundliche Kernfrucht in grüner oder rötlicher Schale. Wie in Europa haben sich auch im Nahen Osten Hunderte von Sorten entwickelt.
Linguistisch gesehen spricht viel dafür, dass es sich bei dem hebräischen Wort "tappûaḥ" (Der Duftende), um den Apfel handelt, da dass arabische Wort "tuffah" Apfelbaum bedeutet. Obwohl es Stimmen gibt, dass es sich bei dem biblischen Apfel eher um eine Zitrusfrucht handelt, wurden bei Ausgrabungen in Kadesch-Barnea Exemplare des nicht sehr ansehnlichen Holzapfels gefunden. Dieser Fund wurde etwa ins 9. Jh. v. Chr. datiert. Ob Deutung und Übersetzung an den verschiedenen Bibelstellen zu Recht vom Apfel ausgehen, ist nicht unstrittig. Aber, man kann das Vorkommen des Apfels in der Bibel nicht vollkommen ausschließen. Jedoch spielt er in der Übersetzung und Wirkungsgeschichte eine große Rolle.
Auffallend ist, dass dem Apfel in der Bibel eine polare Wirkungsgeschichte eingeschrieben ist. Zuerst einmal hat der Apfel eine positive Bedeutung. Wie schon aus der hebräischen Übersetzung zu sehen ist, hat der Duft der Frucht einen positiven Effekt und belebenden Geschmack.
Stärkt mich mit Rosinenkuchen, erfrischt mich mit Äpfeln, denn krank bin ich vor Liebe.
Hohelied 2,5
Im Hohelied 7,9 nennt den Duft der Äpfel als Bild für den Atem der Liebsten. Hinter diesem Vergleich steht die Vorstellung, dass im alten Orient Äpfel als Früchte galten, die die Liebe erregen.
9 Ich sprach: Ich will die Palme besteigen, will greifen nach ihren Rispen, und deine Brüste sollen sein wie die Trauben des Weinstocks und der Duft deines Atems wie Äpfel,
10 und dein Gaumen wie der köstlichste Wein, sanft rinnt er bei meinen Liebkosungen, benetzt die Lippen der Schlummernden.
Hohelied 7,9
Der eindeutig erotische Kontext kommt im Hohelied 2,3 zur Geltung.
Wie ein Apfelbaum unter den Bäumen des Waldes, so ist mein Geliebter unter den jungen Männern. In seinem Schatten begehrte ich zu sitzen, und seine Frucht war meinem Gaumen süss.
Hohelied 2,3
Im Hohelied 8,5 ist dem Apfelbaum Lebensmetapher eingeschrieben.
5 Wer steigt da herauf aus der Wüste, an ihren Geliebten gelehnt? Unter dem Apfelbaum weckte ich dich. Dort hat deine Mutter dich empfangen, dort kam in Wehen, die dich gebar.
Hohelied 8,5
In Sprüche 25,11 erlangt die Bedeutung des Apfel seinen Höhepunkt an positiver Wirkung, da er mit dem Wort Gottes verbindet und es zu einem Bild macht, das die Köstlichkeit der Frucht mit der Kostbarkeit der Edelmetalle verbindet.
11 Goldene Äpfel in silbernen Schalen, so ist ein Wort, das zur rechten Zeit gesprochen wird.
Sprüche 25,11
Die wohl am besten bekannteste und in seiner Wirkungsgeschichte dramatischteste Bedeutungszuweisung für den Apfel liegt als sinnlich-verführerische Frucht, die stellvertretend für den menschlichen Sündenfall steht. Der Sündenfall, das Ende der Unschuld. Auf Anraten der Schlange und gegen Gottes Gebot pflückt Eva einen Apfel vom Baum der Erkenntnis und überredet Adam, auch davon zu kosten.
1 Die Schlange aber war listiger als alle Tiere des Feldes, die der HERR, Gott, gemacht hatte, und sie sprach zur Frau: Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen? 2 Und die Frau sprach zur Schlange: Von den Früchten der Bäume im Garten dürfen wir essen. 3 Nur von den Früchten des Baumes in der Mitte des Gartens hat Gott gesagt: Ihr dürft nicht davon essen, und ihr dürft sie nicht anrühren, damit ihr nicht sterbt. 4 Da sprach die Schlange zur Frau: Mitnichten werdet ihr sterben. 5 Sondern Gott weiss, dass euch die Augen aufgehen werden und dass ihr wie Gott sein und Gut und Böse erkennen werdet, sobald ihr davon esst. 6 Da sah die Frau, dass es gut wäre, von dem Baum zu essen, und dass er eine Lust für die Augen war und dass der Baum begehrenswert war, weil er wissend machte, und sie nahm von seiner Frucht und ass. Und sie gab auch ihrem Mann, der mit ihr war, und er ass.
Genesis 3,1-6
Was der Apfel eigentlich mit dem Christentum zu tun hat, entfaltet sich in seiner Wirkungsgeschichte. Respektive in den symbolischen Wert, den Künstler in diese Frucht gelegt haben. Mehrfach haben sich Maler wie Jacob Jordaens und Lucas Cranach der Ältere der Paradiesszene angenommen. Eva reicht Adam die Frucht vom Baum der Erkenntnis, von der sie gerade abgebissen hat; dieses ist natürlich ein Apfel.
Dass es sich beim Baum der Erkenntnis um einen Apfelbaum handeln soll, geht auf das lateinisches Wort "malum" zurück. Dieses hat zweierlei Bedeutung: Mit kurzem "a" ist seine Bedeutung das Böse, mit langem Vokal "Apfel".
Die Kirchengeschichte ist voll mit Anspielungen auf den Apfel und seinem schlechten Ruf, den ihn der Sündenfall einbrachte. So verglich z.B. im vierten Jahrhundert der Bischof Ambrosius von Mailand den am Kreuz hängenden Christus mit dem Apfel, der am Baum des Lebens hängt. Auch verschiedene christliche Legenden nehmen immer wieder gerne die Metapher des Apfels auf. Des Apfels Verbindung zu Weihnachten wird schon im Mittelalter deutlich. Ein Brauch waren Paradiesspiele zu Weihnachten vor den Portalen von Kirchen, in denen die biblische Geschichte vom Sündenfall nachgespielt wurde. Der Baum aus dem Paradiesspiel wanderte später in die Häuser und wurde zum Christbaum. Aus den Äpfeln, die ursprünglich neben anderen Leckereien daran hingen, wurde schließlich die Christbaumkugel. Hier sehen wir eine Umdeutung wieder in zum Positiven. Der Apfel des Sündenfalls wird zum Symbol für die Hoffnung auf Erlösung.