Geleitwort des Monats

April 2022

Die Worte des Monats geben Halt und informieren Sie über theologische Aspekte. Dieses Mal sind die Worte von Pfarrerin Carolin Springer

"Alles wirkliche Leben ist Begegnung." - Martin Buber

Eine meiner liebsten Ostergeschichte erzählt der Evangelist Johannes. Er erzählt von Maria: Viele Wegstrecken war sie mit Jesus gegangen. Die Begegnung mit ihm hatte damals ihr Leben verändert. Ja, man kann sogar sagen, die Begegnung mit ihm hat ihr das Leben neu geschenkt. An seiner Seite fühlte sie sich lebendig und von Gott geliebt. An seiner Seite erlebte sie die Buntheit des Lebens und die gnädige Macht Gottes. Er war ihr Gefährte geworden – oder sie die seine.
Doch das war nun vorbei. Mit Karfreitag trat der Tod in ihr Leben. Alle Hoffnung, alle Lebendigkeit wichen der Trauer und Verzweiflung. Allein machte sich Maria auf dem Weg zum Grab, so erzählt es Johannes. Und was sie dort sieht, lässt sie noch tiefer in die Trauer fallen. Maria weint, das Grab ist leer, ihr Herz ist leer. Nur ein Gedanke scheint sie zu beschäftigen: Wo haben sie ihn hingebracht? Mit tränenverschwommenem Blick nimmt sie die Engel nicht wahr. Mehr noch, sie erkennt Gott nicht, erkennt Jesus nicht, der vor ihr steht. Nur ein schmerzliches Bild steht ihr vor Augen: Das Grab ist leer! - und Maria ist gefangen im Tod. Das, was dann passiert, rührt mich an. So zart, so fein und doch so kraftvoll. Der Auferstandene sagt nur ein Wort: Maria! - und sie erkennt, sie lebt.
Alles wirkliche Leben ist Begegnung – Begegnen heißt, mein Gegenüber als ein ebensolches anzusehen: Von Angesicht zu Angesicht. Und ihn oder sie beim Namen zu nennen. Manchmal müssen wir uns auf den Weg machen, unsere Augen und unser Herz öffnen, um dem Leben zu begegnen. In den Begegnungen schenkt Gott uns das wirkliche Leben. Und auch wir können einander Leben schenken. Indem wir hinsehen, hingehen, ansprechen, handeln. Vielleicht lautet Jesu Osterbotschaft heute für uns: „In den kleinen Begegnungen bin ich mitten unter euch. Von Mensch zu Mensch, von Angesicht zu Angesicht. Begegnet einander, dann begegnet ihr mir.“

Quelle: Gemeindebrief Köpenick, April/Mai 2014. Carolin Springer