Geleitwort des Monats

Juli 2022

Die Worte des Monats geben Halt und informieren Sie über theologische Aspekte. Dieses Mal sind die Worte von Pfarrerin Meike Waechter

Jesus Christus spricht: Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt. - Joh 13,35

In Kirchengemeinden geht es oft nicht zimperlich zu. Ich habe keine konkrete Gemeinde vor Augen, sondern Erfahrungen, die ich oder andere in ganz unterschiedlichen Gemeinden gemacht haben. Interessenkonflikte werden hart ausgefochten, ohne Rücksicht auf Verluste. Hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeiter fühlen sich missverstanden oder sogar gemobbt. Wie überall, wo Menschen zusammenleben und arbeiten, kommt es zu Konflikten. Das ist in der Kirche nicht anders als in einer Firma, einer Schule oder der Familie. Und doch sind diese Konflikte in der Kirche anders. Auf Außenstehende wirken sie irritierend und für diejenigen, die mitten drin stecken, sind sie besonders schmerzhaft. Denn an die Kirche legt man einen anderen Maßstab an. In der Kirche sollte das doch anders sein! Dieser andere Anspruch hängt mit Sätzen zusammen wie dem Monatsspruch für März. In der Kirche sollen die Menschen einander lieben und das soll für alle sichtbar sein. So hat es Jesus selbst seinen Jüngern aufgetragen.
Wenn man es sich genau überlegt, ist das eine unglaubliche Forderung. Die Liebe lässt sich doch nicht vorschreiben! Schon gar nicht bei so vielen unterschiedlichen Menschen, wie sie in einer Kirchegemeinde zusammen kommen. Nun fragt man sich, ob Jesus ein wenig übertreibt und wir seine Aufforderung deshalb ignorieren dürfen?
Obwohl sich die Liebe nicht vorschreiben lässt, denke ich, dass Jesus Recht hatte, diesen hohen Anspruch zu formulieren. Alle möglichen Einschränkungen hätten ihn nur verwässert. Wir sollten diesen hohen Anspruch stehen lassen als das, woran wir unser Zusammenleben in einer Kirchengemeinde messen sollten. Denn bei allen Unterschieden und auch allen Interessenkonflikten sind Menschen in einer Gemeinde miteinander verbunden. Dafür gibt es ganz verschiedene Bezeichnungen: Jüngerinnen und Jünger, Glieder am Leib Christi, Menschen in der Nachfolge. Diese Verbundenheit sollte stärker sein als alle anderen Unterscheidungsmerkmale. Und deshalb ist es verständlich, wenn Konflikte in einer Kirchengemeinde schmerzen und irritieren. Es sollte andere Formen des Umgangs miteinander ge- ben. Liebe lässt sich zwar nicht vorschreiben, aber Rücksichtnahme, Respekt oder Freundlichkeit wären auch schon ein guter Schritt in die richtige Richtung.

Quelle: Gemeindebrief Mitte, März 2014. Meike Waechter