Geleitwort des Monats
August 2022
Die Worte des Monats geben Halt und informieren Sie über theologische Aspekte. Dieses Mal sind die Worte von Pfarrer Malte Koopmann
Der Müßig-Gang
Der Volksmund sagt, Müßiggang sei aller Laster Anfang. Ein Sprichwort, durch dessen Aussage mancher sich irgendwie ständig getrieben fühlt. Egal, wann immer wem immer oder was immer man irgendwem versprochen hat. Schließlich ist es ja eine deutsche Tugend, ihm nicht zu verfallen: Dem Müßiggang. Wo sollte der auch liegen: Zwischen dem Leerlauf und dem ersten Gang? Oder neben dem Rückwärtsgang? Oder vor dem Ausgang?
Aber es gibt auch Gegenstimmen. Aus dem 4. Jh. v. Chr. lässt sich Lao Tse dazu vernehmen: „Nichtstun ist besser als mit viel Mühe nichts schaffen.“ Doch das klingt irgendwie wie nach einem Ratschlag des legendären Diogenes. Der rief aus seiner Tonne: „Geht mir aus der Sonne!“ Solche Sprüche können doch nur aus einer Gesellschaft stammen, die Sklaven für sich arbeiten ließ! Oder?
Auch in der Neuzeit gibt es jedoch Mahner. Friedrich Nietzsche sah ein Unwetter aufziehen: „Aus Mangel an Ruhe läuft unsere Zivilisation in eine neue Barbarei. Zu keiner Zeit haben die Tätigen, das heißt die Ruhelosen, mehr gegolten.“ Unsere Zivilisation in Gefahr - das erschreckt nun aber doch. Ernten die Ruhelosen zu viel des Ruhmes? Ist etwas dran an der Entdeckung Gandhis „Es gibt Wichtigeres im Leben, als beständig dessen Geschwindigkeit zu erhöhen“? Oder an Dietrich Kästner: „Vieles tun heißt vieles leiden. Lebt, so gut es geht von Luft. Arbeit lässt sich schlecht vermeiden, doch wer schuftet, ist ein Schuft!“?
Jesus sagt in der Bergpredigt nach Matthäus (6, 21ff): „Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung? ...Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?... Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“
Sich im Himmel Schätze zu sammeln: Das vergessen viele. Auch deshalb, weil ihnen manche Ruhelosen suggerieren, es gäbe gar keinen Himmel, sondern nur Raum, luftleer, lebensfeindlich und bestenfalls gekrümmt - was immer das auch ist. Aber er ist da, der Himmel, der Ort der Gottessehnsucht. Sich hier Schätze zu suchen lohnte sich wirklich. So gesehen wäre Müßiggang der Beginn aller Tugend. Jesus sagt: Nur Ruhe bewahren. Das Leben ist geschenkt. Ganz für sich zu sein, in sich hineinzuhören, Bedürfnisse zu spüren, Gefahren zu entdecken, Lebensziele zu finden - Müßiggang kann der Gang sein, mit dem alles beginnen kann.
Versucht ihn zu pflegen, diesen Müßiggang. Geht im Sommer auf die Suche nach den Schätzen des Lebens, die sich lohnen. Das Leben ist schöner als viele sagen, leichter als viele denken, sieht man es mal aus der Lehnstuhlperspektive an. Spätestens im Urlaub sollte jeder von uns zur „Erkenntnis der Wahrheit“ gekommen sein. Vom Lehnstuhl aus findet Ihr ihn vielleicht, den Frieden der Seele, der Gottes Friede für unser Leben ist. Er bewahrt unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus - ein Schatz im Himmel, der sich lohnt.
Quelle: Gemeindebrief Hohenbruch-Brandenburg, Juli/August/September 2014, Malte Koopmann