Geleitwort des Monats

 

September 2019

 

Die Worte des Monats geben Halt und informieren Sie über theologische Aspekte. Dieses Mal sind die Worte von Pfarrerin Meike Wächter.

Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele? (Matttäus 16,26)

 

In meinen Ohren klingt dieser Vers sehr modern. Bei Menschen, die die Welt gewinnen wollen, denke ich an Menschen, die nach Macht, Reichtum oder Ruhm streben und dafür über Leichen gehen, sich ohne Rück- sicht auf Verluste einen Weg bahnen und nur sich und das eigene Ziel vor Augen haben. Oder ich denke an Menschen, für die die Selbstoptimierung des eigenen Körpers Lebensinhalt ist, die danach streben, die meisten Follower in den sozialen Netzwerken zu haben, oder die durch das Brechen immer neuer Rekorde herausstechen wollen. Immer mehr – immer besser – immer weiter – immer größer. Im Streben nach diesem Gewinn kann ein Mensch sich selbst und all seine Mitmenschen verlieren und wird zum Getriebenen. Er vergisst zur Seite zu blicken und er vergisst auch, auf und in sich selbst zu schauen. Genau darauf weist Jesus hin: denke auch an deine Seele! Ganz gewiss nehmen Menschen, die nur noch an den eigenen Gewinn denken, Schaden an ihren Seelen.

Im Leben sind wir immer auf andere angewiesen. Wer meint, unabhängig von anderen Menschen und nur für sich selbst leben zu können, entzieht sich der Realität. Im Doppelgebot der Liebe wird das Beziehungsgeflecht, in dem wir leben, beschrieben: Du sollst Gott und deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Die Balance zwischen Gottesliebe, Nächstenliebe und Selbstliebe tut der Seele gut. Und darin liegt der eigentliche Gewinn für unser Leben,dem wir nachstreben sollten!

Am Anfang schrieb ich, dass dieser Vers für mich sehr modern klinge, denn gleich fielen mir zahlreiche Situationen unserer Zeit ein, in denen Menschen danach streben, die Welt zu gewinnen. Ich frage mich, woran Jesus damals gedacht haben mag, als er diesen Satz formulierte. Die einfachen Menschen, die ihm zuhörten, hatten sicherlich gar keine Möglichkeit Macht, Reichtum oder Ruhm zu erlangen. Der Alltag war dem Überleben gewidmet. An Selbstoptimierung, Soziale Netzwerke oder Rekorde war erst recht nicht zu denken. Doch vermutlich gab es damals auch schon Menschen, die sich anderen gegenüber als kleine Herrscher aufspielten, die das eigene Wohl über das der anderen stellten oder die im- mer nur auf das schauten, was sie nicht erreichen konnten und dadurch unzufrieden und verbittert waren. So ist dieser Vers nicht modern, sondern zeitlos. Ich wünsche Ihnen nicht, dass Sie die Welt gewinnen, sondern ich wünsche Ihnen Frieden für Ihre Seelen!

Quelle: Gemeindebrief Köpenick Neukölln, September 2019.Meike Wächter.